von Andrea Hornung ***

Die Schulstreiks gegen die Wehrpflicht waren ein voller Erfolg: Mehr als 55.000 Jugendliche waren bei den Streiks am 5.12. in mehr als 100 Städten auf der Straße – trotz Repression und Einschüchterungsversuchen. „Die Reichen wollen Krieg – die Jugend eine Zukunft!“ und „Nie, nie, nie wieder Wehrpflicht“ hörte man auf den Straßen in ganz Deutschland. Die Schülerinnen und Schüler haben damit deutlich gezeigt, dass sie von den Plänen der Bundesregierung nichts halten und sich nicht im Krieg verheizen lassen wollen. Nachdem der Bundestag am Freitag das sogenannte „Wehrdienst-Modernisierungsgesetz“ beschloss, kündigten sie für den 5.3. den nächsten Schulstreik an. Der 5.12. ist zum Auftakt einer neuen antimilitaristischen Jugendbewegung geworden.
 

Das „Wehrdienst-Modernisierungsgesetz“

 
Anlass für die Proteste war der Beschluss des „Wehrdienst-Modernisierungsgesetzes“ am Freitag im Bundestag. Demnach bekommen ab dem 1. Januar 2026 alle 18-jährigen Fragebögen zu Motivation und Eignung für den Kriegsdienst. Männer müssen die Fragebögen beantworten. Ab 2027 kommen verpflichtende Musterungen hinzu. Die Bundesregierung hat bereits klargestellt: Wenn sich nicht genug Freiwillige melden, dann kommt die Pflicht. Und das, obwohl die große Mehrheit der Betroffenen die Wehrpflicht ablehnt. Umfragen an Schulen ergaben, dass vielerorts mehr als 80%, teilweise sogar weit mehr als 90% der Schülerinnen und Schüler gegen die Wehrpflicht sind. Sie fühlen sich nicht gehört von der Politik, die sie in kaputten Schulgebäuden sitzen lässt, ihnen eine zerstörte Umwelt hinterlässt und sie jetzt auch noch zum Kriegsdienst zwingen will. Es wächst die Erkenntnis, dass es im Kapitalismus grundsätzlich nicht um die Interessen von Jugendlichen geht, sondern immer um Profite.
 

Organisation durch lokale Schulstreikkomitees

 
Allein in Berlin waren über 10.000 junge Menschen auf der Straße. Selbst in kleineren Städten wie Friedberg oder Marburg waren es Hunderte, darunter sogar Grundschülerinnen und Grundschüler. Organisiert wurden die Proteste von den Jugendlichen selbst, die in den letzten Wochen Schulstreikkomitees in Städten und Schulen aufgebaut hatten und oft das erste Mal selbst politisch aktiv wurden. Allein in Göttingen nahmen an den Vorbereitungstreffen des Schulstreikkomitees bis zu 90 Schülerinnen und Schüler teil. Sie organisierten Verteilungen, Bannerdrops, klebten Plakate und standen am Freitagmorgen als Streikposten vor den Schulen. In Kiel fuhr das Streikmobil, ein Auto mit Plakaten und Megafon, von Schulhof zu Schulhof und mobilisierte noch unentschlossene Schülerinnen und Schüler zum Streik. Unterstützt wurde die Bewegung von SchülerInnenvertretungsstrukturen wie der LSV NRW, der LSA Berlin oder der KSV Kiel. Eine besonders aktive Rolle spielte vielerorts die Sozialistische Deutsche Arbeiterjugend (SDAJ), aber auch die Falken, die linksjugend solid, der Internationale Jugendverein (IJV) und viele weitere politische Organisationen. Auch wir als Initiative „Nie wieder Krieg – Die Waffen nieder“ riefen zu den Schulstreiks auf.
 

Repressionen in Rostock und Halberstadt

 
Während Verteidigungsminister Boris Pistorius am Donnerstag zu den Schulstreiks erklärte, dass „Jeder in diesem Land für und gegen alles demonstrieren kann“, sah die Realität anders aus. In Rostock drohte die Versammlungsbehörde mit Kontrollen der Freistellungen der Schülerinnen und Schüler und verlegte die Kundgebung dann eigenmächtig. In einer Schule in Halberstadt wurden die Schülerinnen und Schüler in ihrer Schule eingesperrt, um sie davon abzuhalten, streiken zu gehen. Bildungs- und Kultusministerien in ganz Deutschland versandten Briefe an Schulleitungen, in denen sie klarstellten, dass unentschuldigte Fehlstunden, die Note 6 oder sogar Verweise die Folge der Teilnahme an den Schulstreiks seien. Die Schülerinnen und Schüler bewiesen Mut und gingen dennoch auf die Straße. Sie argumentierten: „Was sind schon ein paar Fehlstunden gegen 180 Tage Töten Lernen oder im schlimmsten Fall sogar sterben?“ Und auch die GEW und viele Lehrerinnen und Lehrer solidarisierte sich mit den Schulstreiks.
 

Nächster Streiktag am 5.3.2026

 
Nach dem 5.12. muss es nun darum gehen, aktiv zu bleiben. Ronja Ruh von Schulstreik gegen Wehrpflicht erklärte: „Wir bleiben laut, bis die Wehrpflicht vom Tisch ist. Wir werden jedem Schritt zur Einführung der Wehrpflicht etwas entgegensetzen.“ Bis zum nächsten Streiktermin am 5.3. muss es darum gehen, Schulstreikkomitees in weiteren Schulen und Orten zu gründen, gegen Bundeswehrwerbung an Schulen und für bundeswehrfreie Schulen aktiv zu werden und am 5.3. mit noch mehr Schülerinnen und Schüler auf die Straße zu gehen. Als Friedensinitiativen sollten wir sie dabei unterstützen und ihre Stimme auch auf den Ostermärschen zu Wort kommen lassen.

 

*** Andrea Hornung engagiert sich in der Initiative ‚Nie wieder Krieg – Die Waffen nieder‘. Sie ist Bundesvorsitzende der Sozialistischen Deutschen Arbeiterjugend (SDAJ)
 


 
Hier findet ihr zudem die
Presseerklärung des Bündnis Schulstreik gegen Wehrpflicht vom 5.12.2025


 
Nachfolgend haben wir euch ein paar Bilder eingefangen. Diese stammen aus Bonn, Frankfurt am Main, Bremen, Heidelberg, Potsdam, Wetterau, Rostock, Hamburg, Berlin und Köln. So oder ähnlich sah es am 5. Dezember in rund 100 Städten aus … Um euch die Bilder genauer anzuschauen, klickt bitte einfach auf das jeweilige Bild.